EDITORIAL

2012 war es, als Judith Arndt ihre traumhafte Aktiven-Karriere beendete. Nun ist eine neue deutsche Rennradfahrerin in den Olymp des Radsports gefahren: Lisa Brennauer, aus dem bayerischen Allgäu.

Ohne die Athleten wäre alles nichts. Aber hinter den Sportlern steht, unabdingbar, das gesamte Team. Alle zusammen bestimmen das „Betriebsklima“, das oft entscheidend ist für den Erfolg. Das WM-Team Straße des BDR – zum Beispiel – hat viel Lob geerntet.

Einzelne Persönlichkeiten prägen den (Rad-)Sport. Eine Radsportlegende war Otto Ziege, der jetzt in der Hauptstadt Berlin verstorben ist.

Spitzen-Sportler kommen aus den 2 500 BDR-Vereinen – in siebzehn Landesverbänden. Der derzeit dienstjüngste Landespräsident ist Bernd Dankowski, der Nachfolger von Marc Bator.

Beste Grüße
Manfred Schwarz

 



Matador Otto Ziege: Sein Leben war der Radsport – nun ist er verstorben

Hinter den WM-Kulissen: Sehr guter Teamgeist beim BDR-Team fördert die deutschen Leistungen

Nach Judith Arndt fährt Lisa Brennauer in den Olymp des Radsports

Bernd Dankowski: Der Radsport-Präsident in Hamburg

Porträt: Der schillernde Didi Thurau – vom Publikumsliebling zum Tennis-Coach in der Schweiz

Lance Armstrong: Er war wohl noch mehr Fiesling als bisher bekannt

 


Um den Radsport verdient gemacht
Matador Otto Ziege: Sein Leben war der Radsport – nun ist er verstorben

Wochenlang hat er gegen den Tumor in seinem Magen gekämpft, am Ende aber vergeblich: Berlins Radsport-Urgestein Otto Ziege ist am 8. November an den Folgen einer Krebs-Erkrankung mit 88 Jahren verstorben.

„Er wollte den nächsten Freitag noch erleben. Es ist unser 65. Hochzeitstag. Aber er war schon zu schwach, um zu sprechen. Ich habe ihn noch mal liebevoll in den Arm genommen“, sagte seine Frau Ingrid (88) zum Tode ihres Mannes.

Die Familie nahm im Hospiz von Otto Ziege Abschied. Er war auf seinen Tod vorbereitet. Ingrid Ziege: „Vor ein paar Tagen sagte er mir noch, was für ein wundervolles Leben er hatte. Und, dass ich ihm sein liebstes Geschenk war. Da würde ihm das Sterben jetzt leicht fallen.“

Bei einem Radrennen auf der Avus hatte Otto Ziege einst seine Ingrid kennengelernt, 1949 haben sie geheiratet. Im selben Jahr feierte Ziege seinen ersten großen Erfolg: Er wurde Deutscher Straßenmeister der Profis.

Als Profi fuhr Otto Ziege mit Willy Funda oft das Berliner Sechstagerennen, er avancierte zum Lokalmatador. Zieges Markenzeichen war sein Schwarzes Trikot. Die Berliner Morgenpost schreibt dazu: „Kaum eine andere Persönlichkeit prägte die Berliner Sechstagerennen nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltiger als der am 14. Juni 1926 geborene Otto Ziege. Sowohl als Aktiver als auch später als sportlicher Leiter der Veranstaltung.“ 1958 bestimmte ihn Max Knaack, Veranstalter der Sixdays im legendären Sportpalast, als Sportlichen Leiter. Diese Funktion hatte Ziege dann auch beim Rundenwirbel in der Deutschlandhalle und der Dortmunder Westfalenhalle.

Dazu betreute der gebürtige Berliner die deutschen Straßenfahrer vier Jahre als BDR-Bundestrainer – so bei den Olympischen Spielen in Tokio (1964) und Mexiko (1968).

Zweimal war Ziege Präsident des Berliner Radsport-Verbandes (und später ist er dann Ehrenpräsident des BRV geworden), belebte gemeinsam mit Heinz Seesing 1997 das Sechstagerennen im Ostberliner Velodrom neu – und war bis 2009 dessen Sportlicher Leiter.

Die Berliner Zeitung (BZ) weiß zu berichten: „Die heimliche Zentrale für Ottos Aktivitäten war seine Tankstelle an der Leibniz-, Ecke Mommsenstraße in Charlottenburg, wo sich Radsport-Größen wie Merckx, Sercu, Altig, Thurau, Martinello und Co. um Verträge bewarben.“

Der Radsport war Zieges Leben. Noch am 13. September feuerte er das Bundesliga-Radfinale in Wannsee an und verblüffte am Mikro mit seinen Erinnerungen an die Steher-Rennen im benachbarten Stadion Wannsee. Die Zuschauer feierten ihn mit „Otto, Otto“-Rufen. Otto Ziege hat sich um den Radsport verdient gemacht.

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Klima und Medaillen
Hinter den WM-Kulissen: Sehr guter Teamgeist beim BDR-Team fördert die deutschen Leistungen

Ohne Top-Athleten erringt man keine Siege. Für Erfolge steht aber das gesamte Team – über die Rennfahrer hinaus. Entscheidend ist auch beim BDR am Ende oft das Rennstall-Klima.

Die WM Straße 2014 sind zu den erfolgreichsten Titelkämpfen der BDR-Sportler der letzten Jahre geworden. Die Deutschen waren mit drei Gold- und zwei Silber-Medaillen die erfolgreichste Nation in Ponferrada.

Auch das führende Rennrad-Magazin Tour beobachtete die diesjährige WM in Spanien.
Die Zeitschrift hat nicht nur die überragenden Ergebnisse für die deutsche Mannschaft gewürdigt – von „starken Auftritten“ war die Rede –, sondern ebenfalls das Betriebsklima bei den Deutschen analysiert. Über das Ergebnis, zu dem Tour gekommen ist, kann sich das BDR-Aufgebot freuen. Ein „Schlüssel“ zum Erfolg des deutschen Teams sei „der Zusammenhalt“ gewesen, „über Alters- und Geschlechtergrenzen hinweg“. Das Magazin zitiert – zustimmend – den BDR-Sportdirektor Patrick Moster mit den Worten: „Am meisten hat mir die mannschaftliche Geschlossenheit imponiert. Es war eine Harmonie vorhanden, die in den letzten Jahren selten so da war.“

Über die Persönlichkeiten, die – über den großen „Tross“ der jeweiligen Firmen-Rennställe hinaus – vor und hinter den Kulissen nicht selten rund um die Uhr für den reibungslosen Einsatz der Athleten arbeiten, wird selten berichtet.

Von besonderer Bedeutung war auch bei dieser WM natürlich der Koch, zuständig nur für das große BDR-Team: Für eine gesunde und überaus schmackhafte Ernährung, die auch gute Laune macht, stand ebenfalls in diesem Jahr der italienische Koch Eros Stangherlin. BDR-Vizepräsident Udo Sprenger hat ihn seinerzeit entdeckt. Der Italiener kommt aus der norditalienischen Region Venetien – aus Asiago in der Provinz Vicenza, wo er sonst im Hotel „Da Barba“ die Kelle schwingt.

In Spanien stand er von morgens sechs Uhr bis abends spät in der Küche des deutschen Teamhotels – unterstützt von seiner Freundin, der Kellnerin Besjana Wehapi. Die Koch-Zutaten kaufte das Duo in Spanien frisch vor Ort ein. „Das sind alles einfache Produkte. Pasta und Reis sind wichtig, um viel Kohlenhydrate zu bekommen. Dazu viel Gemüse, auch helles Fleisch von Huhn oder Truthahn, aber nicht so viel“ – mit diesen Worten beschrieb Stangherlin dem Nachrichtenportal rad-net.de die wichtigsten Zutaten für seine Gerichte. Natürlich hatte der Italiener etwa dann, wenn es Gold zu feiern gab, auch ganz besondere Gerichte parat. Stangherlin: „Zum Beispiel eine Vorspeise mit Kaviar, danach gute Tortelloni gefüllt mit Kürbis, ein Chateaubriand und als Dessert ein gutes Tiramisu.“
Aber auch direkt nach jedem Titelgewinn zauberte Meister-Koch Stanherlin eine Meistertorte mit den jeweiligen Namen des neuen Titelträgers. Leistung geht eben auch durch den Magen.

Stets dicht am Geschehen waren generell die verantwortlichen Bundestrainer, Ralf Grabsch, André Korff, Wolfgang Ruser und Diagnosetrainer Dr. Peter Müller. Für die Profis der Frauen und Männer waren die Sportlichen Leiter Ronny Lauke und Jan Schaffrath im Einsatz. Den technischen Service lieferten bei dieser WM die Mechaniker: Bernd Fischer, Martin Welz, Bernd Schlechte, Jochen Lamade, Alex Ritze und Guido Scheeren. Als Physiotherapeuten arbeiteten Frederick Poth, Hardy Gröger, Anne Märtin, Achim Schmiedel, Thomas Halbhuber, Lars Schiffner und Tomaz Jerez.

Als Mediziner sind Dr. Matthias Baumann und Dr. Helge Riepenhoff im Einsatz gewesen. Als Delegationsleiter fungierten die BDR-Vizepräsidenten Udo Sprenger und Günter Schabel sowie Patrick Moster. Als Mehrzweckwaffe engagierte sich der BDR-Referent für Leistungssport, Falk Putzke-Schmidt, der eigens mit einem verbandseigenen Fahrzeug – einem Skoda Octavia –, nach Ponferrada gefahren war, um hier ebenfalls wichtige logistische Aufgaben wahrzunehmen.

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BDR-Ausnahmeathletin und Feldwebel
Nach Judith Arndt fährt Lisa Brennauer in den Olymp des Radsports

Als sich 2012 Judith Arndt nach ihrem zweiten WM-Titel im Einzel-Zeitfahren von der Radsport-Szene verabschiedete, „schienen die Tage an der Weltspitze für den deutschen Frauen-Radsport gezählt“ (Tour). Doch es kam anders.

Jetzt ist Lisa Brennauer (26) bei der WM Straße im spanischen Ponferrada mit zwei Goldmedaillen und einer Silbermedaille die erfolgreichste Athletin bei den Titelkämpfen geworden. Zwei Jahre nach dem Abschied von Ausnahmefahrerin Judith Arndt (BDR-Nachrichten 5/2012) hat die jetzige deutsche Meisterin eine riesige Lücke geschlossen, auch wenn sie davon gar nichts wissen möchte. „Judith war in gewisser Weise ein Vorbild für mich. Ich habe auf sie aufgeschaut, auch wenn ich nie so viele Rennen gewinnen werde wie sie“, betonte Brennauer gegenüber dpa.

Jahrelang galt Lisa Brennnauer eher als Bahnfahrerin. Erst 2013 hat sie begonnen, sich ernsthaft auf Straßenrennen zu konzentrieren. Ihre Paradedisziplinen sind heute Einzelzeitfahren und das Mannschaftszeitfahren – mit ihrem US-amerikanischen Team Spezialized Lululemon.

Ihre Erfolge hat sie zu einem großen Teil auch ihrem Trainer Andreas Lang und dem Sportlichen Leiter bei ihrem Profi-Rennstall, Ronny Lauke, zu verdanken. Der lobt sie in hohen Tönen. Sie sei im Peloton überaus beliebt. Sie mache keine Unterschiede zwischen Nachwuchsfahrerinnen und den Stars. Ihn beeindruckt ihre Fähigkeit, „Rennen zu lesen“ und sich im Feld besser zu bewegen als viele Kontrahenten. Voller Anerkennung stellt er fest: „Dass eine Fahrerin mit Mechanikern auch über Material und Reifendruck diskutiert, habe ich im Frauenfeld selten gesehen“. Auch ihr BDR-Trainer André Korff stellt ihren großen Anteil bei den herausragenden Leistungen des BDR-Teams bei der WM in Spanien anerkennend heraus.

Auf die Frage eines Reporters, ob sie denn nun an der Weltspitze angekommen sei, sagte die frisch gebackene Weltmeisterin zunächst: „Ja, ich denke schon.“ Um dann schnell zu ergänzen: „Ich hoffe, das klingt jetzt nicht arrogant.“

Den Titel rad-net Sportler des Monats gewann die Allgäuerin (Durach bei Kempten) jüngst bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Schon im Juni war die Bayerin mit dieser Auszeichnung für ihr Triple aus Deutscher Straßen-, Zeitfahr- und Berg-Meisterschaft geehrt worden.

Nach ihrer WM-Erfolgsstory zählt Lisa Brennauer zu den großen BDR-Medaillenkandidaten für Olympia 2016 in Rio. „Eine Medaille im Zeitfahren ist mein großes Ziel. Ich muss die Zeit nutzen.“ Bis dahin wird sie weiter für das Team Specialized-Lululemon fahren, mit dem Team einigte sie sich auf einen Zweijahresvertrag.

Nebenbei ist Brennauer – im Rahmen der Bundeswehr-Sportförderung – auch noch Feldwebel am Militär-Standort Todtnau bei Freiburg, im Südschwarzwald. Der Champion: „Das Zusammenspiel funktioniert ganz gut. Wenn die Saison vorbei ist, werde ich wieder zu Lehrgängen eingesetzt.“

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Portrait
Bernd Dankowski: Der Radsport-Präsident in Hamburg

Radsport war nicht immer das primäre Sport-Thema für Bernd Dankowski. Bei der Vorbereitung auf einen Lauf-Marathon, man schrieb das Jahr 2000, wurde der Schenefelder von einem Freund angesprochen: Ob man es zu Trainingszwecken nicht einmal auch mit dem Rennrad probieren solle.

Gesagt, getan – kurz darauf war Dankowski infiziert: mit dem Radsport-Virus. Dieser Virus hat den 50-Jährigen, der in Rellingen (Kreis Pinneberg), nahe der Freien und Hansestadt Hamburg, geschäftsführender Gesellschafter der Wirtschafts- und Steuerberatung DPRT ist, nicht mehr losgelassen. Mehr noch: Vor ein paar Monaten ist Bernd Dankowski auch noch Präsident des Radsport-Verbands Hamburg (RVH) geworden. Seine Vorgänger in diesem Amt waren zuletzt Manfred Schwarz, Volker Heyer – und der ehemalige Tagesschau-Sprecher Marc Bator, der nach einem Jahr in der Funktion des Landesvorsitzenden aus beruflichen Gründen nicht erneut kandidiert hatte. Bator ist nämlich von der ARD zu Sat.1 gegangen – als Chefmoderator in Berlin. „Von dort aus kann er den Hamburger Verband nicht so führen, wie er es möchte“, erklärte Dankowski.

Dankowski, der dreimal – zuletzt im Jahr 2011 – das Radrennen City Giro in Rellingen (bei Hamburg) veranstaltet hatte, führt nun den RVH, den Verband also, dem etwa 2400 Sportler in gut 30 Vereinen organisiert sind. „Die Jugendarbeit war Marc Bator sehr wichtig“, so Dankowski: „Das sehe ich genauso.“

Mit den Landesmeisterschaften der Nordverbände, die im nächsten Jahr in Hamburg ausgetragen werden sollen, „hat er schon eine große Aufgabe vor Augen. Schon vorher möchte Dankowski „die Kluft“ zwischen dem Breitensport und dem Vereinssport zumindest zu verkleinern. Dankowski: Es seien bestimmt Zehntausende, die in ihrer sportlichen Freizeit mit dem Rad unterwegs sind. Aber nur wenige, wie es die Zahlen im Hamburger Verband beweisen, seien in den Clubs aktiv. „Darüber sollten die Sportlerinnen und Sportler einmal nachdenken“, sagt der neue Präsident. „Über den Verband und die Vereine können wir ganz andere Trainingsgruppen und Trainingsmöglichkeiten anbieten.“ Zudem gebe es in der Hansestadt mit der Bahn in Stellingen und der BMX-Anlage in Farmsen auch tolle Möglichkeiten abseits der Straße. Ein weiteres Anliegen ist ihm eine möglichst positive Außendarstellung dieses „wirklich schönen Sports“ (Dankowski); diese Sportart habe es nicht verdient, so häufig wie in früheren Jahren durch negative Doping-Meldungen in den Schlagzeilen zu stehen.

Sich selbst bezeichnet Dankowski eher als Seiten- oder Quereinsteiger: Nach einem ersten Trainingslager auf den Balearen, auf der Insel Mallorca, war jedoch klar, dass er fürderhin möglichst oft im Rennrad-Sattel sitzen wollte. Zuvor hatte der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater lange Zeit Fußball gespielt, vor allem beim SC Pinneberg.

Der Kontakt zum Radsport-Verband entstand im November 2008. Damals hatte Dankowski zu den Mitbegründern des Clubs Tête de la Course (Spitze des Feldes) gehört. Unter dem Motto „Leadership in Management und Sport“ sind dort bundesweit Menschen vereint, die gemeinsam Rad fahren – sich aber auch über berufliche und gesundheitliche Themen austauschen (siehe BDR-Nachrichten 3/2014). Dieses sportlich-wirtschaftliche Netzwerk haben die Vorstandsmitglieder des Clubs in das Sportsverbandswesen integriert: in den RVH.

Rad-Rennen ist der heute 50-jährige Landes-Präsident nicht gefahren: „Ich bin ein Rennradfahrer, kein Radrennfahrer“, betont Dankowski. „Wenn ich fahre, dann nicht gegen Gegner oder die Uhr, sondern gegen mich selbst.“ Dass es dabei auf hohem sportlichen Niveau zugeht, hat er bewiesen – durch etliche Teilnahmen an den Vattenfall Cyclassics, an der Alpenüberquerung Transalp (dreimal) und am Ötztalmarathon. Vor nicht langer Zeit war Dankowski bei der Cape-Argus-Tour in Südafrika am Start. Mit etwa 35 000 Teilnehmern gilt die Tour, die über 109 Kilometer rund um Kapstadt führt, als größtes Jedermann-Rennen der Welt.

Ehrenamtlich ist Dankowski auch noch anderenorts aktiv. Schon seit Jahren engagiert er sich beim Lions Club Rellingen/Ellerbek. Dazu berichtet das Pinneberger Tageblatt: „Und auch dort darf ein Zusammenhang mit dem Radsport nicht fehlen. Dankowski überzeugte fünf Löwen-Freunde, die zuvor noch nie auf einem Rennrad gesessen hatten, die 100-Kilometer-Distanz bei den Cyclassics unter die Reifen zu nehmen, und dabei Spenden zu sammeln.“ Im vergangenen Jahr kamen so mehr als 10 000 Euro zusammen, von denen unter anderem Fahrradhelme für die Grundschulen in Ellerbek und Rellingen angeschafft wurden. Diese Charity-Aktion der besonderen Art hat es bisher schon zweimal gegeben. Und es soll nicht das letzte Mal gewesen sein.

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Nicht immer glücklich
Porträt: Der schillernde Didi Thurau – vom Publikumsliebling zum Tennis-Coach in der Schweiz


Der frühere deutsche Radprofi Dietrich "Didi" Thurau feierte an einem geschichtsträchtigen Datum seinen 60. Geburtstag – am 9. November. Er kann auf ein schillerndes Leben zurückblicken.

Dietrich „Didi“ Thurau („der blonde Engel“) feierte an einem geschichtsträchtigem Datum – 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer –, am 9. November, seinen 60. Geburtstag. Der gebürtige Frankfurter hatte Ende der 1970er Jahre „einen Radsport-Boom“ (Focus) in Deutschland ausgelöst: Als Neuling fuhr Thurau bei der Tour de France 1977 insgesamt 15 Tage lang im Gelben Trikot. Am Ende brach er zwar in den Alpen ein, beendete das Rennen aber immerhin noch als starker Gesamtfünfter und kam so selbst in Frankreich zu großer Popularität.

„Seit Konrad Adenauer hat keiner mehr für die deutsch-französische Freundschaft getan als Didi Thurau“, sagte kein Geringerer als der damalige Pariser Bürgermeister und spätere Staatspräsident Jacques Chirac über Thurau.

Zwar kam Dietrich Thurau noch zu zwei Vize-Weltmeisterschaften, „die absoluten Top-Leistungen zeigte er auf der Straße aber nur noch selten“ (dpa). Thurau konzentrierte sich auf die lukrativen Sechstagerennen, von denen der Publikumsliebling 30 gewann.

Sogar einen Tour de France-Roman gibt es zu dieser Zeit (Salz im Kaffee). Geschrieben hat ihn der große Radsportjournalist Hans Blickensdörfer (Stuttgarter Zeitung).

Zwei aufgeflogene Dopingversuche bei der Tour 1980 und 1987, die Prügel für einen belgischen Kommissär, der ihn angeblich ungerecht behandelte, und ein wahrscheinlich verschenkter WM-Titel – von „Bestechungs“-Geld war schon mal die Rede – warfen Schatten auf die glänzende Radsport-Fassade Thuraus. Beim Thema WM windet sich der „blonde Engel“ heute noch ein wenig: „Ich war total kaputt“, antwortet er auf die Frage, ob er im entscheidenden Sprint gegen Francesco Moser in Venezuela 1977 den letzten Tritt ausgelassen habe. Andere schwierige Themen sprach er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa offener an. „Wir haben uns früher sicher auch einiges reingehauen, aber was da von Armstrong und Ullrich bekannt wurde - da bekommt man es ja mit der Angst zu tun. Was mit EPO abging, war lebensgefährlich. Bei uns war’s harmlos.“

Nach seiner aktiven Laufbahn hatte Thurau nicht immer das große Glück. Er versuchte sich im Immobiliengeschäft, musste jedoch den Konkurs seines Unternehmens verkraften. Die Leidenschaft für das Radfahren färbte auf seinen Sohn Björn (26) ab, der sich im Profizirkus etabliert hat. Anscheinend sind Didis Beziehungen zu seinem älteren Filius freilich nicht immer problemlos verlaufen.

Thuraus zweiter Sohn Urs (19) spielt Tennis, hat den Durchbruch aber noch nicht geschafft, obgleich sein Vater die Rolle seines Coach übernommen hat. Beide leben mittlerweile in der Schweiz. Didi Thurau schwärmt heute vom Tennis – er wäre wohl gern ein Tennis-Star geworden: „Die Gefahr, seine Gesundheit mit Doping zu schädigen, ist in diesem Sport geringer und du kannst viel Geld verdienen.“

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Neue Biographie
Lance Armstrong: Er war wohl noch mehr Fiesling als bisher bekannt

Eine neue Biografie über Lance Armstrong zeigt: Lance Armstrong war anscheinend auch als Mensch „nicht nur ein Fiesling, sondern der Oberfiesling“ (Die Zeit).

Das Buch schafft es eindrucksvoll, das Klima der Angst und Einschüchterung zu zeichnen, das Armstrong sehr oft zu schüren wusste. Demnach war er egomanisch, unbarmherzig – ein Tyrann. Armstrong dopte nicht nur selbst, sondern drängte auch seine Teamkollegen dazu. Die Zeit: „Nicht aus Nächstenliebe, sondern weil er sich mit schnelleren Kollegen höhere eigene Chancen ausrechnete.“

"Lance behandelt Menschen wie Bananen, nimmt sich, was er braucht und wirft die Schale dann einfach auf die Straße." So zitiert das Buch die Ehefrau von Armstrongs einstigem Mentor J. T. Neal. Neal ist eine der Personen im Buch, die auch für Armstrong-Experten bisher eher unbekannt war. Neal lernte Armstrong kennen als 18-jährigen – und wurde offenbar eine Art Ersatzvater für Armstrong, der in schwierigen familiären Verhältnissen aufwuchs und später seinen eigenen Vater öffentlich in schlimmer Form desavouierte.

Armstrong, so erzählt das Buch, herrschte wie ein Tyrann. Wer es wagte zu plaudern, dem wurde das Leben zur Hölle. "Er suchte sich Leute aus, die verletzlich waren, und die schikanierte er Tag für Tag", sagten angeblich schon Klassenkameraden aus der Mittelschule.

Heute steht Armstrong womöglich vor dem Ruin. Der Streitwert aller Prozesse, die gegen den nun vom Rad gefallenen Star laufen, beträgt umgerechnet mehr als 100 Millionen Euro. Dass es ernst geworden ist, zeigt auch, dass der einst reiche und ruhmreiche Radstar seinen Privatjet schon verkauft hat.

Lance Armstrong – Wie der erfolgreichste Radprofi aller Zeiten die Welt betrog" von Juliet Macur, 432 Seiten, 22,95 Euro, erschien im Edel Verlag.

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IMPRESSUM
BDR-Nachrichten 9/2014 / 6. Jahrgang
Herausgeber: Bund Deutscher Radfahrer (BDR) / Frankfurt am Main / Deutschland
Texte / Verantwortlich: Dr. Manfred Schwarz / BDR-Vizepräsident (Kommunikation)
E-Mail: dr.manfredschwarz@gmx.de; Tel.: 0171 205 1 201